Eine kleine Pilzkunde
Überblick: Pilze sind faszinierende Organismen, ohne die das Leben auf der Erde so, wie wir es kennen, nicht möglich werde. Sie erfülllen wesentliche Aufgaben in der Natur. Pilze werden seit Jahrhunderten, möglicherweise Jahrtausenden von Menschen zu therapeutischen Zwecken eingesetzt.
Pilze bilden neben den Pflanzen und Tieren ein eigenes Reich. Wie die Pflanzen sind sie sesshaft, können jedoch keine Photosynthese betreiben. Daher müssen sie sich wie Tiere durch die Aufnahme organischer Substanzen ernähren, die sie in gelöster Form aus der Umgebung aufnehmen. Das macht sie zu sogenannten Chemosynthetikern. Pilze spielen eine zentrale Rolle in der Natur, indem sie das Alte, Abgestorbene abbauen und gleichzeitig neue, wertvolle und einzigartige Nährstoffe produzieren.
Pilze sind regelrechte «Rückbau- und Recyclingfabriken», denn sie bilden die wichtigste Gruppe der am Abbau organischer Materie beteiligten Lebewesen (Destruenten). So können fast nur Pilze die komplexen Verbindungen in verholzten Zellwänden von Pflanzen aufspalten und verwerten.
Pilze können unter extremsten Bedingungen überleben und sogar mit Öl verseuchte Böden besiedeln. Sie versorgen Pflanzen, Tiere und Menschen mit lebensnotwendigen Nährstoffen und sind somit wesentlich an den Erneuerungsprozessen in der Natur beteiligt.
Es gibt geschätzt 1,5 Millionen Pilzarten, wovon etwa 90 Prozent mikroskopisch klein sind (wie Hefe- und Schimmelpilze). Wissenschaftlich beschrieben sind insgesamt nur rund 100'000 Arten.
Das grösste und gleichzeitig das vermutlich älteste bekannte Lebewesen der Welt ist ein Dunkler Hallimasch, der sich im US-Bundesstaat Oregon unterirdisch über eine Fläche von neun Quadratkilometern erstreckt und für das lokale Ökosystem von wesentlicher Bedeutung ist. Sein Gewicht wird auf 600 Tonnen geschätzt, sein Alter auf 2'400 Jahre.
Allen Pilzen gemeinsam sind ihre hochspezifischen Überlebensstrategien. Sie bilden effektive antibakterielle, antivirale und antimykotische Substanzen aus 5, die sie gegen dieselben Erreger schützen, die auch Menschen und Tiere befallen. Ein Beispiel dafür ist das Penicillin. Die natürliche Feinabstimmung dieser für die Gesunderhaltung des Pilzes notwendigen Stoffe unterstützen auch die Körper von Menschen und Tieren und deren Homöostase (Selbstregulierung, hier in Bezug auf die Erhaltung optimaler Gesundheit).
Wenn wir im Alltag von «Pilzen» sprechen, dann meinen wir damit den Fruchtkörper des Pilzes, den sichtbaren Teil. Ein Grossteil des Pilzes ist jedoch unsichtbar und besteht aus dem Myzelium, dem Wurzelgeflecht, das unterirdisch im Boden wächst, oder sich in abgestorbenen und kranken Bäumen ausbreitet. Abhängig von einer Reihe von Faktoren (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Platzverhältnisse, Nahrungsangebot, Lichtverhältnisse u.a.) bildet das Myzelium zu einem bestimmten Zeitpunkt einen oder mehrere Fruchtkörper aus. Sie bilden biologisch gesehen das Fortpflanzungsorgan des Pilzes, denn ihre Aufgabe ist es, Sporen abzugeben. Diese werden über die Luft verteilt und ermöglichen so das Ausbreiten der Art. Dies geschieht i.d.R. nur, wenn der Lebensraum begrenzt ist, sprich, das Myzelium sich nicht mehr weiter ausbreiten kann. Das Myzelium kann sich über Quadratkilometer grosse Flächen verbreiten. So können zwei Fruchtkörper, die in mehreren hundert Metern Abstand voneinander wachsen, zu ein und demselben Organismus gehören.
Der Fruchtkörper des Pilzes sichert das Fortbestehen der Art. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig. Darum muss er entsprechend vor Bakterien, Viren, anderen Pilzen, Fressfeinden etc. so gut wie nur möglich geschützt sein, um seine Aufgabe erfüllen zu können. Aus diesem Grund produzieren und konzentrieren die Pilze Inhaltsstoffe, die sie für deren Abwehr brauchen, in Ihren Fruchtkörpern. Das ist zentral, wenn man die Herstellung und Verwendung von Vitalpilzen verstehen will.
Durch ihre biologische Ähnlichkeit mit Menschen und Tieren sind uns diese biochemischen Inhaltsstoffe äusserst dienlich, denn sie stimulieren und regulieren das Immunsystem in einzigartiger Weise.
Die Bedeutung der Pilze in der Natur
Pilze erfüllen so viele Aufgaben und Funktionen in der Natur, dass es den Rahmen sprengt, sie hier alle anzuführen. Darum an dieser Stelle nur einige interessante Fakten:
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25% der Biomasse der Erde besteht aus Pilzen
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Ohne Pilze gäbe es kein Leben auf der Erde. Sie waren die ersten Organismen, die über Jahrmillionen Mineralstoffe aus dem Gestein lösten, welche pflanzliches und tierisches Leben erst ermöglichten.
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Unter einem einzigen Fussabdruck auf dem Waldboden finden sich drei- bis fünfhundert Kilometer Myzeliumfäden
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Die Pilze sind das «Internet der Erde». Sie transportieren Informationen zwischen den Pflanzen.
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Die Pilze sind «Transportunternehmen». Sie transportieren z.B. seltene Mineralstoffe und Spurenelemente zu den Bäumen, teilweise über Kilometer.
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Pilze sind Symbionten, «Teamplayer». Das Pilzmyzel legt sich um die Wurzeln eines Baumes und dringt teilweise in die Wurzelzellen ein, ohne diese zu schädigen. Dort findet ein Austausch von Energie (Zucker) und Baustoffen (Mineralien und Spurenelemente) statt.
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Pilze bewahren Leben: den Sommer über erhalten die Pilze Zucker von den Bäumen. Im Winter nähren sie die Laubbäume, die ohne Blätter sonst verhungern würden.
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Pilze wachsen faktisch nicht in Wäldern, sondern vielmehr ist es der Wald, der in den Pilzen wächst.
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Evolutionstheoretiker mutmassen, dass wir die Evolution des Menschen den Hefepilzen verdanken.
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Pilze haben auf Grund ihrer Wirkstoffe einen direkten Bezug zur Leber des Menschen: entweder unterstützen und schützen sie diese (besonders ausgeprägt Reishi und Maitake), oder sie zersetzen und zerstören sie (Giftpilze wie der Grüne Knollenblätterpilz u.a.).
Nutzung der Pilze als Heilmittel
Die Geschichte der Mykotherapie im weiteren Sinne geht über 4000 Jahre zurück. Bereits der legendäre «Ötzi» trug vor 5300 Jahren einen Birkenporling als mögliches Laxans und Antiwurmmittel gegen seine Darmparasiten sowie einen Zunderschwamm zur Blutungsstillung bei Verletzungen und zum Feuermachen mit sich.
Im alten Ägypten war der Verzehr von Pilzen den Pharaonen vorbehalten, die sie als «Speise der Götter» verehrten. Sie schrieben ihnen unter anderem lebensverlängernde Eigenschaften zu. Es heisst, der Verzehr von Pilzen sei für die Bevölkerung unter Strafe untersagt gewesen.
In der traditionellen europäischen Medizin (TEM) nutzten die Benediktinermönche das Wissen um Extraktionsverfahren, Dosierung und Einnahmezeiten medizinischer Pilze. Sie wussten um ihre antibiotischen Eigenschaften und um die spezifischen Wirkungen, das Immunsystem zu stärken. Sie wussten, dass man mit den durch Extraktion gewonnenen zellulären und molekularen Inhaltsstoffen der Pilze die Lebensqualität der Menschen oft tiefgreifend verbessern kann. Dieses Wissen ist im Verlaufe der Industrialisierung und mit dem Aufkommen der Schulmedizin in Europa weitgehend in Vergessenheit geraten.
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) hingegen wurde dieses Wissen über die letzten Jahrtausende erhalten und bis in die Gegenwart hinein detailliert überliefert. Auf dieses umfassende Erfahrungswissen können wir nun zurückgreifen. Die sekundären Inhaltsstoffe der Pilze sind äusserst komplex und wegen ihrer grossen Zahl bis heute wissenschaftlich erst ansatzweise erforscht, obwohl es bereits unzählige Studien zur Anwendung der sogenannten Vital-, Medizinal- oder Heilpilze gibt. Sie sind in ihrer Komposition, molekularen Strukturvariabilität und in ihren Synergieeffekten nicht nachahmbar und sind wahre Füllhörner an pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffen. Einzelne Substanzen sind so weit erforscht, dass sie extrahiert werden, wie zum Beispiel ein im Shiitake (Lentinula edodes) enthaltenes β-Glukan, ein pilzspezifisches Polysaccharid, aus dem in Japan seit 2000 ein Krebsmittel hergestellt wird7. Das aus der Schmetterlings-Tramete (Coriolus versicolor) isolierte Polysaccharid-K, ein β-Glukan, ist ein wichtiger Bestandteil des Krebsmedikaments Krestin .
Ihren Durchbruch in der Neuzeit hatten die Vitalpilze 1989 durch eine von Dr. Ikekawa veröffentlichte epidemiologische Langzeitstudie, die zwischen 1972 und 1986 mit 174'505 Teilnehmern durchgeführt wurde. Diese Studie untersuchte die Krebsraten und Krebsinzidenz in der Region Nagano in Japan.Dabei wurde festgestellt, dass die Krebsrate bei den Züchtern von Enoki (Flammulina velutipes)-Pilzen, die sich selbst überwiegend von Frischpilzen ernähren, um 63,75 Prozent tiefer war als bei der restlichen Bevölkerung. Diese Studie führte schliesslich zur Entdeckung eines wasserlöslichen, oral anzuwendenden wirksamen Polysaccharids, das eindeutig immunmodulierende Effekte hat (Ikekawa 2001). Die Inhaltsstoffe der Vitalpilze sind so vielfältig, dass sie ein aussergewöhnlich breites Anwendungsspektrum haben welches sich nicht nur auf die Onkologie beschränkt.
Quellen:
http://www.pilze.ch/mykologie/pilz.htm
https://fungi.com/blogs/articles/the-petroleum-problem
https://www.dgfm-ev.de/infothek/wieviele-pilzarten-gibt-es
https://www.scientificamerican.com/article/strange-but-truelargest-organism-is-fungus
Prabin PradeepVidya ManjuMohammad Feraz Ahsan. Antiviral Potency of Mushroom Constituents (2019)
https://wissen.forumviasanitas.org/media/pdf/Praxistipps/Knopf/VITALPILZEMykokonzept_V1.0.pdf
Ajinomoto: History of Pharmaceuticals Business, October 2008. (PDF; 525 kB).
Guthmann, Jürgen: Heilende Pilze. Die wichtigsten Arten der Welt. Quelle & Mayer Verlag 2017. ISBN 978-3-494-01669-6